Wir veröffentlichen hier die Rede von Martin Gertenbach, Vorsitzender der GEW Kassel-Stadt, auf dem Protest gegen die Besoldungskürzung bei den hessischen Beamt:innen am 18. Dezember 2024 in Kassel. Es gilt das gesprochene Wort. Wir haben zusätzliche einige Eindrücke vom Protest auf unserem instagram-Account gesammelt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir stehen heute hier, weil die Hessische Landesregierung einen Angriff auf den öffentlichen Dienst plant, dessen Dimension an Roland Kochs „Operation düstere Zukunft“ erinnert. Was als "Haushaltskonsolidierung" verkauft wird, ist in Wahrheit ein Angriff auf uns als Beschäftigte des Landes Hessen. Wir sollen verzichten, um dem Dogma der Schuldenbremse folgen zu können. Die CDU geführte Koalition folgt hier dem Muster ihrer Vorgängerinnen und setzt deren gutsherrenartige Politik gegen die eigenen Beschäftigten mit neuem Koalitionspartner fort.
Die Schuldenbremse ist ein ideologisches Dogma. Sie wird wieder einmal gebraucht, um eine rigide Kürzungspolitik auf dem Rücken der Beschäftigten und der Bürger:innen zu rechtfertigen. Sie ist eine Gefahr für den sozialen und demokratischen Staat und gehört abgeschafft. Wir als DGB-Gewerkschaften haben immer wieder deutlich gemacht, wie die Einnahmeseite des Landes verbessert werden könnte – etwa durch eine Vermögenssteuer und wie eine Finanzpolitik zum Wohle der Mehrheit der Bevölkerung aussehen könnte. Diese Landesregierung, wie ihre Vorgängerregierungen, folgt konsequent anderen Interessen. Den Interessen derer, die vom 100 Mrd. Sondervermögen für die Bundeswehr und den daraus resultierenden Gewinnen der Rüstungsindustrie profitieren.
Ein Staat, der sich der Schuldenbremse unterwirft, macht sich selbst arm und handlungsunfähig. Wer öffentliche Räume verkümmern lässt, wer soziale Teilhabe einschränkt, und wer seine Beschäftigten verfassungswidrig bezahlt, gefährdet wissentlich die Funktionsfähigkeit des sozialen und des demokratischen Staats. Wer bei der Bildung, egal ob in Kitas, Schulen oder Hochschulen spart, der betreibt Demokratieabbau, denn dies sind die Orte, an denen junge Menschen demokratisches Handeln erlernen. Statt einem demokratischen Diskurs in den Klassen wird über den Erlass zur "Werteerziehung" und den Einsatz von Jugendoffizieren im Unterricht eine autoritäre Linie von oben durchgedrückt. Was es hier aber braucht sind gute Arbeitsbedingen für gut qualifizierte Beschäftigte und eben so gute Lernbedingungen für die jungen Menschen. Dazu gehört auch eine anständige Bezahlung!
Der verarmte Staat der Schuldenbremse ist ein handlungsunwilliger Staat, der seine demokratischen Grundlagen und seine demokratische Legitimation selbst gefährdet. Dies schadet unserer gesamten Gesellschaft. Schauen wir uns doch an einem Beispiel an, wie dieser "Staat der Schuldenbremse" in der Praxis aussieht: Die Bearbeitungszeiten bei der Beihilfe sind heute schon unzumutbar lang. Die Beschäftigten dort kommen mit der Arbeit nicht hinterher und Kolleg:innen warten z.T. monatelang auf die Erstattung ihrer Krankenkosten. Wie wird sich dies weiterentwickeln, wenn jede dritte freiwerdende Stelle nicht mehr besetzt wird? Jetzt geht es in Bezug auf den Bildungsbereich um die Verschiebung der bereits beschlossenen Gehaltserhöhung, d.h. eine de facto Gehaltskürzung und um den Griff in die Rücklagen der Hochschulen. Das sind keine Sparmaßnahmen – das sind Taschenspielertricks, die unsere Arbeit und die Qualität der Bildung direkt gefährden.
Und Morgen? Dies alles geschieht vor dem Hintergrund einer chronischen Überlastung der Beschäftigten, vor dem Hintergrund zu großer Klassen und der bundesweit höchsten Pflichtstundenzahl. Was wir hier erleben, steht zudem in einer Reihe mit den angekündigten Werkschließungen und Entlassungen bei Volkswagen und anderen Betrieben. Ob öffentlicher Dienst oder Privatwirtschaft – überall sollen wir die Zeche zahlen für eine Rechnung, die wir nicht zu verantworten haben! Lohn- oder Gehaltsverzicht der Einen verbessert aber niemals die Lage der Anderen!
Was wir stattdessen brauchen, ist ein handlungsfähiger Sozialstaat mit einem solide aufgestellten Bildungswesen. Nur so können wir echte demokratische Teilhabe für alle Menschen gewährleisten und den schleichenden Prozess der Entdemokratisierung stoppen.
Deshalb fordern wir:
Liebe Kolleginnen und Kollegen,blasst uns deshalb gemeinsam kämpfen –