GEW Hessen zur Änderung des Hessischen Hochschulgesetzes

Rahmenbedingungen müssen weiterhin verbessert werden!

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Die GEW Hessen bewertet den Gesetzesentwurf der Landesregierung zur Änderung des Hessischen Hochschulgesetzes. Hier die komplette Stellungnahmeund die Synopse, welche Änderungen vorgesehen sind.

Die zentralen personalrechtlichen Änderungen aus unserer Sicht sind:

Die neue Personalkategorie Hochschuldozent:in muss auch genutzt werden

Wir begrüßen grundsätzlich die Möglichkeit, mehr unbefristetes Personal auch auf wissenschaftlichen Positionen jenseits der Professur anzustellen. Mittels eines Tenure-Track-Verfahrens für Post-docs schafft das Wissenschaftsministerium einen attraktiveren Rahmen unbefristete Verträge zu begründen. Entscheidend wird sein, dass die Hochschulleitungen diese Möglichkeit auch tatsächlich nutzen. Denn unbefristet wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anzustellen, ist bereits jetzt rechtlich möglich, die Hochschulleitungen zeigen daran aber wenig Interesse. In wie weit eine quasi künstliche Verlängerung der Probezeit daran etwas ändert, wird über den Erfolg der neuen Personalkategorie entscheiden. Zur Attraktivität der Hochschuldozent:innen und Fachrkräftegewinnung stellt sich die Frage nach der Eingruppierung und Lehrverpflichtung, die nicht im HHG geregelt werden, aber mit bedacht werden müssen. Wir fordern und empfehlen mit Nachdruck E14 für Hochschuldozent:innen und eine zeitnahe Novellierung der Lehrverpflichtung. Diese ist auch aufgrund anderer Personalkategorien überfällig. Dabei ist darauf zu achten, dass sich die Lehrpflicht von Hochschuldozent:innen von denen der Lehrkräften für besondere Aufgaben unterscheidet. Eine Doppelung dieser Personalkategorie unter anderem Namen wäre ein Rückschritt.

Darüber hinaus regen wir an, Hochschuldozent:innen nur im Einvernehmen mit dem aufzunehmenden Fachbereich (§37neu, Abs.4) einzustellen.

Keine Zunahme von Befristungen durch Kooperationen

In §5 in Verbindung mit §33, Abs. 2 wird die das Zusammenwirken und die Kooperation der Hochschulen zur Bearbeitung der zu bildenden Forschungsschwerpunkte geregelt. Falls die Hochschulen untereinander oder mit Dritten Verträge zur Gründung eigener Forschungsschwerpunkte, -einheiten und -vorhaben schließen, birgt dies aufgrund einer möglichen zeitlichen Befristung der Verträge die Gefahr der Begründung ausschließlich befristet beschäftigter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter innerhalb der Einrichtung, obwohl es sich vorwiegend um Haushaltmittel der Hochschule handelt. Außerdem ist auf Tarifbindung und weiterhin Vertretung durch den zuständigen Personalrat zu achten.

Tandem-Professur einführen

Wir halten die Einführung einer Tandem-Professur grundsätzlich für sinnvoll. Hier soll die dreijährige Berufserfahrung auch parallel zur Professur erworben werden können. Wir regen an, dass diese Regelung auch auf die Universitäten, z.B. im Fall von Didaktikprofessuren, ausgeweitet werden soll. Ein Tandem aus Hochschule und Berufswelt ist nur erfolgreich, wenn die unteilbaren Berufs- und Dienstaufgaben berücksichtigt werden, die zu sehr viel Mehrarbeit und Kollisionen zwischen Hochschulen und Betrieben führen können. Zur Abfederung ist hier für die Zeit der dreijährigen berufspraktischen Phase eine angemessene Reduzierung der Lehrverpflichtung von mindestens 2 SWS am besten bereits im HHG vorzusehen.

Für eine hohe Attraktivität der Tandem-Professur fordern wir grundsätzlich eine Besoldung nach W2 statt wie vorgesehen nach W1. Im Falle der Übertragung höherwertiger Aufgaben und nach Abschluss der dreijährigen Berufsphase sollte eine höhere Besoldung nach W3 als kann-Regelung für die einzelnen Hochschulen ermöglicht werden.

In Anlehnung an die Tandem-Professur sollten auch Berufungen im Team ermöglicht werden, so dass sich zwei Personen eine Professur teilen können. Rechtlich sollte dies in §67neu, als Nachsatz zu 8. oder als 9. neu verankert werden.

Keine Willkür bei Berufungen

Die Änderungen in §69neu Abs.1 sehen wir hingegen sehr kritisch. Mindestens sind die Ziffern 2 und 4 ersatzlos zu streichen. Abs. 2 sollte nur "mit Zustimmung des Fachbereiches und des Senates" erfolgen. Der Hochschulrat ist hier zu streichen, er ist durch seine Mitbestimmung an anderer Stelle ausreichend berücksichtigt.

Gerade Frauen werden bei Verzicht auf Ausschreibung statistisch überproportional benachteiligt, von einem Verzicht auf Ausschreibung sollte im Regelfall abgesehen werden. Insbesondere mit Ziffer 2 können im Grunde alle geplanten Berufungen so legitimiert werden, dass auf Ausschreibung verzichtet werden kann. Dies birgt die Gefahr von Willkür und Vetternwirtschaft.

In Absatz 3 ist im letzten Satz  die kann-Regelung zur Beteiligung des wissenschaftlichen Mittelbaus zu streichen und als "muss"-Regelung in der Mitte Absatzes in der Form "an  einer  Hochschule  für angewandte  Wissenschaften  drei  Mitglieder  der Professorengruppe,  zwei Studierende und ein wissenschaftliches Mitglied“ einzufügen. Im Zuge des schrittweisen Aufbaus der Statusgruppe der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an HAWen ist ein Ausschluss dieser Gruppe nicht mehr nachvollziehbar.

Befristungen einen Riegel vorschieben

Die rechtlich wirksamste Möglichkeit zur Begrenzung befristeter Verträge wird im aktuellen Referentenentwurf leider nicht genutzt. Wir fordern nach wie vor eine Eingrenzung in §72, dass Befristungen nur dann zulässig sind, wenn eine wissenschaftliche Qualifizierung tatsächlich erfolgt.

Für den Regelfall der wissenschaftlichen Qualifikation – die Promotion – sind die Änderungen in §29 sinnvoll und bilden die Realität ab. Hier wollen wir auf die Problematik hinweisen, dass der genaue Anfangs- und Endzeitpunkt der Promotion an Hochschulen sehr unterschiedlich geregelt wird, so dass in Einzelfällen zu Problemen bei Stufenzuordnung oder Anrechnung von Dienstzeiten nach dem WissZeitVG kommen kann. Hier wäre auf eine Angleichung hinzuwirken.

Bessere Bedingungen für Lehrkräfte für besondere Aufgaben und Lehrbeauftragte

Zur Wahrung der Einheit von Forschung und Lehre und der wissenschaftlichen sowie beruflichen Weiterentwicklung fordern wir in §73 auch einen angemessenen Anteil für Forschung der Lehrkräfte für besondere Aufgaben vorzusehen. Ebenenfalls ist für diese Gruppe eine Reduzierung der Lehrverpflichtung, insbesondere an HAW, überfällig.

Lehrbeauftragte dürfen keine Dumping-Lehrkräfte sein. In §78 muss ein angemessener Arbeitsplatz/Arbeitszimmer, Arbeitsmaterialien, gegebenenfalls Dienstgeräte und Unterstützung durch die Verwaltung vorgesehen werden oder es müssen sich diese Anforderungen in ihrer Vergütung niederschlagen. Die Übernahme von Prüfungstätigkeiten und weiteren Aufgaben ist zusätzlich zu vergüten, ebenso muss §78 die Vergütung angemessener Vor- und Nachbereitungszeiten vorgesehen werden. Die unbezahlte Lehre von Privatdozent:innen muss beendet werden, hierzu ist in § 30 Abs. 2 einzufügen: "Die Lehre von Privatdozent:innen ist angemessen zu vergüten; sie haben Anspruch auf einen angemessenen Arbeitsplatz." Grundsätzlich sind aus unserer Sicht sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zu bevorzugen.

Koalitionsziel „tarifähnlicher Beschäftigungsverhältnisse für Hilfskräfte“ nicht aus den Augen verlieren!

Die Koalition hat sich verpflichtet, tarifähnliche Bedingungen für Hilfskräfte zu schaffen, §83 bietet hierfür gute Möglichkeiten. Dazu gehören: Die Mindestvertragslaufzeit von Arbeitsverträgen soll zwei Jahre betragen, die Obergrenze der Anstellungszeit von sechs Jahren ist zu streichen, die Hochschulen sollen auf einheitliche Löhne entsprechend des TV-H, Entgeltgruppe 4, hinwirken. Des Weiteren muss vorgesehen werden, Hilfskraftstellen grundsätzlich auszuschreiben. Hilfskräfte brauchen gewählte Vertreterinnen und Vertreter, die in Entscheidungen mit einbezogen werden. Die Modernisierung des Hessischen Personalvertretungsrechtes (HPVG) steht noch aus, hier sind die Hilfskräfte angemessen zu berücksichtigen. Alternativ kann dies auch in §83 vergleichbar mit dem Hochschulgesetz in Nordrhein-Westfalen geregelt werden.

Teilzeitstudium wird endlich rechtlich verankert

Die rechtliche Verankerung des Teilzeitstudiums in §19 ist ein wichtiger Schritt hin zu einer Anerkennung von Studienrealitäten und war lange überfällig. Allerdings birgt das informelle Teilzeitstudium das Problem, dass Studierende nach wie vor keine Rechte und Ansprüche geltend machen können. Das informelle Teilzeitstudium beschreibt den Status quo, in dem viele Studierende zwar als Vollzeitstudierende eingeschrieben sind, aber defacto in Teilzeit studieren. Wir empfehlen daher für eine graduell stärkere Verpflichtung in Abs. 2 „nicht erschweren“ durch „gewährleisten“ zu ersetzen. Der Stand und Ausbau des Teilzeitstudiums sollte regelmäßig evaluiert werden und auf Basis der Ergebnisse fortentwickelt werden. Ganz grundsätzlich steht die Orientierung auf die Regelstudienzeit einer individuellen und flexiblen Studienverlaufsplanung entgegen.