"Lehrkräftebelastung endlich ernst nehmen!"

Pressemitteilung der GEW zum HNA-Bericht Lehrer aus Region Kassel geben Einblick: Diese Probleme gibt es an Schulen

Pressemitteilung der GEW Kassel-Stadt und -Land vom 12. März 2025 zum HNA-Bericht Lehrer aus Region Kassel geben Einblick: Diese Probleme gibt es an Schulen:

Aus Sicht der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft zeigt der Bericht der drei Lehrkräfte, den die HNA am 5. März 2025 veröffentlichte, die enorm zugenommene Arbeitsbelastung von Lehrkräften. „Was die Kolleginnen und Kollegen im Artikel erzählen, überrascht uns nicht. Uns erreichen vermehrt Berichte, dass die Belastung in der Schule kaum noch zu stemmen ist“, erläutert Katja Groh, die Vorsitzende der GEW Kassel-Land und auch im Vorsitz des Gesamtpersonalrats beim Schulamt Kassel ist. Sie steht dadurch häufig Kontakt zu den Schulpersonalräten im Schulamtsbezirk. Groh, die in einer Grundschule im Landkreis arbeitet, weiter: „Die Aufgaben nehmen kontinuierlich zu und werden immer diverser und komplexer. Was früher selbstverständlich war, bringen die Kinder heutzutage von Zuhause nicht mehr mit. Was wir brauchen, ist Entlastung von unterrichtsfremden Tätigkeiten, besonders in der Dokumentation, damit wir diese Zeit für die Kinder haben.“ Simon Aulepp, Gymnasiallehrer und Vorsitzender der GEW Kassel-Stadt, ergänzt: „Schon lange fordern wir Unterstützung in IT und Verwaltung an den Schulen. Es kann nicht sein, dass es an einzelnen Lehrkräften hängt, ob Beamer und Netzwerke an den Schulen funktionieren oder nicht. So ist es aber leider oft: Man wendet sich an die eine Person im Kollegium, die zufällig ein paar Informatikkenntnisse hat. Wir brauchen Verwaltungs- und IT-Fachkräfte an den Schulen, damit wir Lehrkräfte uns auf unser Kerngeschäft konzentrieren können.“


Aus Sicht der GEW muss die Arbeitszeit und -belastung dringend gesenkt werden. „Wir alle kennen den Spruch: Lehrkräfte haben vormittags recht und nachmittags frei. Den kann nur benutzen, wer noch nie in einer Schule gearbeitet hat. „Wir haben in der Grundschule in Hessen die höchste Zahl an Unterrichtsstunden überhaupt, wenn wir uns das im bundesweiten Vergleich anschauen“, stellt Christiane Stock fest, Grundschullehrerin und ebenfalls Vorsitzende der GEW Kassel-Stadt.


Stock weiter: „Das sogenannte Pflichtstundenmodell verschleiert, wie viel wir wirklich arbeiten.“ Die Arbeitszeit von Lehrkräften wird momentan nur in Pflichtstunden angegeben, also in zu leistenden Unterrichtsstunden. Vor- und Nachbereitung, Kommunikation, Dokumentation, Elternarbeit, Konferenzen, Abstimmungen - auch mit anderen Institutionen - und weitere Aufgaben werden nicht genauer erfasst. Simon Aulepp stellt fest: „Da diese Aufgaben rund zwei Drittel unserer Arbeit ausmachen, ist die Nichterfassung ein riesiges Problem. Das Land Hessen scheint sich auf der momentanen Situation auszuruhen. Dabei hat das Bundesarbeitsgericht in einem Urteil festgestellt, dass Arbeitszeit bei Beschäftigten erfasst werden muss – ohne Ausnahme.“ Katja Groh ergänzt: „Die
Arbeitszeit muss einerseits ehrlich erfasst und andererseits spürbar gesenkt werden – zum Wohle der Gesundheit der Kolleginnen und Kollegen und um das System vor dem Kollaps zu bewahren. Nur gesunde Lehrkräfte können so unterrichten, dass sie ihre Aufmerksamkeit ganz den Kindern und Jugendlichen widmen können.“ Die GEW Hessen hatte 2020 in einer Arbeitszeitstudie in Kooperation mit der Uni Göttingen feststellen können, dass viele Lehrkräfte über die gesetzliche Wochenhöchstarbeitzeit hinaus arbeiten, und damit ihre Gesundheit in Mitleidenschaft ziehen.
Die GEW sieht hier alle Schulformen betroffen: „Die Problemlagen in den Schulformen sind teilweise unterschiedlich, aber sie sind nur gemeinsam lösbar. Sei es der Korrekturaufwand bei uns im Gymnasium, die Heterogenität an den Grund-, Gesamt- und Berufsschulen oder der vielschichtigen Erziehungs- und Elternarbeit in der Förderschule – bei allen sind die Belastungen hoch. Dass diese zunehmen und von zu wenigen Kolleginnen und Kollegen getragen werden, ist durch den Fachkräftemangel ein alarmierender Fakt. Das Kultusministerium ist gut beraten, das System Schule endlich auf solide Füße zu stellen, dann braucht es auch solche Berichte wie den vom 5. März nicht mehr“, so Aulepp abschließend.