Echte Hilfe für Studierende jetzt!

Spontaner Protest vor dem Landtag Solidaritätsbekundung vor der Uni Kassel

Ein Dutzend Vertreter*innen der hessischen Studierendenvertretungen und der Gewerkschaftsjugendversammelten sich am 8. Juni vor dem Wiesbadener Landtag, um für eine bessere finanzielle Absicherung der Studierenden in Hessen zu protestieren. Zeitgleich fanden vor den Landesparlamenten und Wissenschaftsministerien in Hannover, Potsdam,  Dresden, Mainz, Kiel, Erlangen, sowie vor dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) in Bonn Kundgebungen statt als Reaktion auf die bundesweit beschlossenen Hilfsmaßnahmen.

Die Botschaft der Studierenden: die in Aussicht gestellten Kredite und Zuschüsse für Studierenden reichen nicht aus, um den Lebensunterhalt der Studierenden zu sichern.

Die Corona-Pandemie treffe die Studierenden besonders hart: "Der Protest soll den vielen Studierenden eine Stimme geben, die ihre Jobs verloren haben und, die keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II oder Kurzarbeitergeld haben", erläutern Nathalie Schäfer, Sprecherin der Studierenden in der GEW. Laura Elmer, Sprecherin des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) der Philipps Universität Marburg ergänzt: „Nach aktuellen Umfrageergebnissen mussten sich bereits 22 % der Studierenden Geld von der Familie und Freunden leihen, um die Miete, Lebensmittel und die Technik für die Online-Lehre zu bezahlen. Der Zugang zur Hochschule darf aber nicht vom Geldbeutel abhängen.“

Die bei dem Protest anwesenden Studierenden sind sich sicher, dass die Bundesbildungsministerin Karlizcek die Notlage verkenne, realitätsblind handle und so einen Keil des sozialen Ausschlusses in das Bildungssystem treibe. Vom Land Hessen fordern die Studierenden eine Aufstockung des nun anstehenden Hilfspakets. „Das Hilfspaket ist absolut unzureichend: Mit einem KfW-Kredit und hohen Zinsen ab nächstem Jahr verschulden sich die Studierenden noch weiter. Manche müssen ihr Studium abbrechen“, kritisiert Jerome Willemense vom AStA der Hochschule Rhein-Main und Luca Salvastano vom AStA der Technischen Hochschule Mittelhessen. Der vom BMBF angekündigte, rückzahlungsfreie Zuschuss soll nur dann gewährt werden, wenn die Studierenden weniger als 500 Euro auf dem Konto haben. Die beiden Studierendenvertreter befürchten, dass so zu viele Studierende durch das Raster fallen.

Kyra Benninger vom AStA der Goethe-Universität Frankfurt am Main und Arne Krause vom AStA der Justus-Liebig-Universität Gießen fordern für die Protestierenden an diesem Montag: "Das Land Hessen und der Bund müssen jetzt nachrüsten und in einem gemeinsamen Programm echte Hilfe für Studierende einrichten! Wir fordern einen höheren Zuschuss für mehr Studierende, der die tatsächlichen Lebensunterhaltungskosten abbildet."


 Arbeiten im Ausnahmezustand: das Corona-Virus und die Situation an der Uni Kassel

– Diskussion organisiert von GEW, ver.di und Uni Kassel Unbefristet! am 12.5.2020.

Dass sich die Arbeitsbedingungen auch an der Universität Kassel in Zeiten von Corona grundlegend geändert haben, beweisen die Einschränkungen im Büroalltag, die Digitalisierung von Forschung und Lehre sowie die Unsicherheiten über Arbeitsverträge und Qualifikationsarbeiten. Sowohl für Studierende als auch für Mitarbeiter*Innen stellen diese Veränderungen einen harten Einschnitt dar, der sich nicht selten in Mehrarbeit, Überstunden und Stress ausdrückt. Um über diese und andere Probleme und Herausforderungen während der Corona-Zeit zu sprechen und einen Austausch zwischen Gewerkschaften, Mitarbeitern, Initiativen und Studierenden anzustoßen, brachte die Online-Diskussion verschiedene Perspektiven zusammen.

Die gut besuchte Veranstaltung startete mit kurzen Inputs, in denen die Probleme verdeutlich wurden. Besonders auffällig hierbei die gestiegenen psychischen und physischen Belastungen der Mitarbeiter*Innen: So seien an der Universität Kassel in den letzten Wochen vermehrt Überlastanträge gestellt worden, die darauf hindeuten, dass es Arbeit im Home-Office, die Digitallehre und der erhöhte Arbeitsbedarf in der Umstellung sämtlicher Arbeitsprozesse die Beschäftigten extrem belastet. Mit dem Ziel, in dieser Frage zumindest vertraglich ein bisschen Sicherheit zu haben, stießen Parteien, Politiker*innen und Gewerkschaften die Initiative des Corona Aufschub an: So soll grundsätzlich die Möglichkeit bestehen, Arbeitsverträge aufgrund der besonderen Situation zu verlängern. Allerdings gilt das längst nicht für alle Verträge. Zusätzlich sträubt sich die Hochschulleitung der Universität Kassel den Corona-Aufschub für alle Beschäftigten solidarisch und unbürokratisch zu gestalten.

Eine der ersten Maßnahmen zur Eindämmung des Virus war das Einrichten von Home-Office-Regelungen. Zwar konnten große Teile der Beschäftigten zuhause weiterarbeiten, doch zeichnet sich seitens der Hochschule eine Kehrtwende ab: Wir haben in diesem Zusammenhang die unterschiedlichen Auswirkungen und Herausforderungen der neuen Arbeitsweise auf Kinderbetreuung, Lehre und Administration diskutiert. Im Folgenden richtet sich das Gespräch dann auf die Studienbedingungen an der Uni Kassel und auf die Frage wie Studierende an deutschen Hochschulen während der Corona Pandemie ihre Existenz materiell absichern können: Viele Studierende haben ihre Jobs verloren und sind ob der digitalen Lernsituation und ihrer Studienverlaufsplanung unsicher. Die Bundesregierung hat zwar angekündigt eine BAföG-Erhöhung für Studierende in "systemrelevanten" Jobs ab März in Aussicht zu stellen; offen hingegen sind die spezifischen Bedingungen für zinsfreie Darlehen, Ausgleichszahlung und eventuelle Nothilfen.

Wie auch in den anschließenden Diskussionsrunden deutlich wurde, sind sich Studierende, Gewerkschafter*innen und Mitarbeitende darüber einig, dass gerade prekär und unbefristet Beschäftigte unter den aktuellen Bedingungen leiden. Dies verändere nicht nur die konkrete Organisation sowie die Qualität von Forschung und Lehre, sondern auch das Stimmungsbild an der Universität. Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass die in Corona-Zeiten angestoßenen Digitalisierungsbestrebungen zu einem Umbau des Universitätswesens in Deutschland führen werden: Durch die Möglichkeit mithilfe digitaler Lehrformate langfristig Beschäftigungskosten einzusparen, könnte aus den in einer Notlage eingeführten Maßnahmen eine dauerhafte Festschreibung prekärer Arbeitsbedingungen resultieren. Insgesamt hat die Onlinediskussion gezeigt, dass es gerade in Zeiten physischer Isolation – aber auch darüber hinaus – wichtig und gefordert bleibt, einen solidarischen Austausch zwischen verschiedenen Statusgruppen und Betroffenen Anonymität zu organisieren. Diskussionsforen wie dieses sind aber nur der erste Schritt, um auf prekäre Beschäftigungsverhältnisse, temporäre Überlastungserscheinungen und Perspektivlosigkeit hinzuweisen. Die positiven Rückmeldungen der Teilnehmer*Innen an diesem Onlineformat zeigen: Vernetzung tut gut und ist wichtig. Deswegen machen wir weiter und werden auch in den folgenden Wochen und Monaten weitere Veranstaltungen durchführen. Nur gemeinsam kommen wir durch die Krise.