Haltung zeigen!

Schluss mit der Kumpanei zwischen deutscher und der türkischer Regierung!

Auf dem Podium von links: Joachim Legatis, Düzgün Altun, Birgit Koch, Sakine Esen Yilmaz

"Haltung zeigen! Schluss mit der Kumpanei zwischen deutscher und der türkischer Regierung!", so der Titel einer von Birgit Koch moderierten Info- und Diskussionsveranstaltung der GEW-Kreisverbände Kassel-Stadt und -Land, von DIDF und des Forums Gewerkschaften Kassel im DGB-Haus Kassel.

Sakine EsenYilmaz, im deutschen Asyl lebende ehemalige Generalsekretärin der türkischen Lehrergewerkschaft, schilderte die zunehmende Repression des türkischen AKP-Regimes gegen regierungskritische Menschen: Massenverhaftungen, mehr als 150.000 Entlassungen aus dem öffentlichen Dienst, davon 1500 Mitglieder der Lehrergewerkschaft. Angesichts der von Erdogan für Juni anberaumten Neuwahlen sei Druck auf die deutsche Regierung dringend notwendig,  um hier Wahlpropaganda sowie künftige Waffengeschäfte mit der Türkei zu unterbinden. Auf Menschenrechtsurteile des EuGH zu setzen, sei zu zeitraubend. Die Gewerkschaftsbewegung müsse zur Redemokratisierung  in der Türkei beitragen.

Joachim Legatis, dju-Landesvorsitzender Hessen gab konkrete Beispiele für die katastrophale Situation kritischer Medienschaffender in der Türkei, die oft wegen „Verunglimpfung des Präsidenten“ zu langen Haftstrafen verurteilt werden. Erdogans langer Arm bedrohe über seinen Einfluss auf die türkische Community nun auch die Meinungsfreiheit in Mitteleuropa. Politisch aktive Kurden würden in Deutschland zunehmend kriminalisiert bis hin zu Prozessen wegen Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung. Legatis plant eine Solidaritäts-Delegation von Gewerkschaftern nach Kobane.

Düzgün Altun, Vorstandsmitglied von DIDF, analysierte die historisch gewachsene politische Kooperation Deutschland -Türkei und wies besonders auf die machtpolitischen Hintergründe beider Seiten im Nahen Osten hin. Es gelte die aus  Deutschland initiierten Rüstungsgeschäfte an verschiedene Kriegsparteien in Syrien zu entlarven, ebenso die Widersprüche der deutschen Türkeipolitik: sanfter Druck auf Erdogan bei gleichzeitig „wie geschmiert“ laufenden Geschäften.

In der anschließenden regen Debatte wurde diskutiert, wie kritische Kräfte gebündelt werden können, um auf die Türkeipolitik Deutschlands Druck auszuüben. Dazu bedürfe es vor allem von IGM und IG BCE, deren Branchen von Handelsbeziehungen mit der Türkei direkt betroffenen sind, eine klare Haltung im Interesse Lohnabhängiger und kein nationales Ko-Management. Politische Meinungsfreiheit und Gewerkschaftsrechte müssten aber auch hier zunehmend verteidigt werden. Zur Situation in der Türkei müsse dringend Stellung bezogen werden, aber dabei immer vor der eigenen Tür gekehrt werden. Es bedürfe auch mehr kritischer Berichterstattung, v.a. über die politische Situation der Kurden. Legatis betonte, gegen die vorherrschende „Vermeidungshaltung“ bei deutschen Journalisten müssten Zeichen gesetzt werden, dies sei bei entsprechendem Engagement möglich.

Yilmaz forderte die Unterbindung der Finanzierung von DITIB als Sprachrohr Erdogans durch deutsche staatliche Stellen. Stattdessen müssten in deutschen Schulen Friedensaktionen zwischen türkisch- und kurdischstämmigen Schüler*innen initiiert werden. Wenn hierzulande Protestaktionen gegen den türkischen Einmarsch in Afrin von ähnlichen Polizeimaßnahmen begleitet werden wie in der Türkei, sei das nicht hinzunehmen.

Informationsveranstaltungen zum Thema des Abends müssten viel öfter organisiert werden!