Lehrkräfte müssen nicht auf eigene Kosten auf Klassenfahrt

GEW Rechtsschutz Baden-Würrtemberg vor dem Bundesverwaltungsgericht erfolgreich

„Schulfahrten sind wichtige Elemente des Bildungs- und Erziehungsauftrages der Schulen. Als Teil der pädagogischen Konzeption fördern sie gemeinsam neue Erfahrungen und Erlebnisse. Sie tragen dazu bei, das gegenseitige Verständnis zu vertiefen und den Gemeinschaftssinn zu fördern.“ (Erlass „Schulwanderungen und Schulfahrten“ vom 7. Dezember 2009) 

Selbstverständlich gehören Klassenfahrten daher zu den arbeitsrechtlichen beziehungsweise dienstrechtlichen Aufgaben von Lehrkräften. Selbstverständlich müsste daher auch sein, dass der Arbeitgeber beziehungsweise der Dienstherr hierfür auch die Reisekosten übernimmt, wie dies bei anderen Beschäftigten im Öffentlichen Dienst und in anderen Branchen üblich ist. 

Weit gefehlt: Zwischen 2009 und 2018 wurde Lehrkräften für die Teilnahme an einer Klassenfahrt pro Tag und Nacht 20 Euro für Übernachtung und sonstige Aufwendungen erstattet. Grundlage war der Erlass „Schulwanderungen und Schulfahrten“ aus dem Jahr 2009, der 2018 überarbeitet wurde. In dem Übergangserlass vom 22. Mai 2018 wurde die Pauschale auf schlappe 30 Euro heraufgesetzt, für An- und Abreisetage gibt es nur noch 12 Euro. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Denn, wer kann heute noch für 30 Euro auswärtig (außer eventuell auf dem Zeltplatz) übernachten? 

Teil der Realität in den bisherigen Jahren war daher, dass die Klassenfahrten nur stattfinden konnten, weil Lehrkräfte einen nicht unerheblichen Teil ihrer Reisekosten selbst übernommen haben oder im schlimmsten Falle sogar ganz auf Erstattung verzichtet haben. 

Diese Situation ist nicht nur ein hessisches Problem: Unter GEW Rechtsschutz wurde  in Baden-Württemberg ein Verfahren gegen die unzureichende Erstattung von Reisekosten bis zum Bundesverwaltungsgericht vorangetrieben. Das Verfahren war verknüpft mit der Feststellung, dass der dortige Reisekostenverzicht eine unzulässige Rechtsausübung des Dienstherrn darstellt und gegen den Fürsorgegrundsatz des Dienstherrn verstößt. 

Am 23. Oktober 2018 hat das Bundesverwaltungsgericht daraufhin entschieden, dass der in Baden-Württemberg übliche Reisekostenverzicht dem Grundsatz der Fürsorge eines Dienstherrn entgegensteht. Lehrkräfte würden durch einen solchen Reisekostenverzicht dem Konflikt ausgesetzt, die Klassenfahrt entweder ausfallen zu lassen oder in die eigene Tasche greifen zu müssen, damit die Klassenfahrt stattfindet. Da vor dem Verwaltungsgericht  ein zweites Verfahren zur Erstattung der vollen Übernachtungskosten anhängig ist, zeichnet sich ab, dass auch der hessische Pauschalbetrag von 30 Euro pro Nacht und Tag nicht ausreichen wird, um die tatsächlich entstandenen Reisekosten abzudecken.

Die GEW Hessen fordert, dass das Land Hessen bei zukünftigen Klassenfahrten die tatsächlichen Kosten der Klassenfahrt vollständig übernimmt. Sobald die Urteilsbegründung vorliegt, werden wir über weitere Schritte informieren.

Urteil vom 23. Oktober 2018 - BVerwG 5 C 9.17

Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts | 23.10.2018