Nachruf für Bernd Rothauge

Wir trauern um unseren Freund und langjährigen GEWerkschaftlichen Weggefährten Bernd Rothauge

Wir trauern um unseren Freund und langjährigen GEWerkschaftlichen Weggefährten Bernd Rothauge, der in den Morgenstunden des 8. Mai 2020 nach schwerer Krankheit verstarb. Bernd war vielen von uns ein politischer Mentor. Er verdeutlichte uns in zahlreichen fruchtbaren Diskussionen, dass es zu kurzgegriffen wäre, allein die Interessen der GEW Mitglieder in den Vordergrund zu stellen. Der Kampf für bessere Arbeitsbedingungen ist Mittel zum Zweck für ein soziales, humanes und friedliches Zusammenleben der Gesellschaft und der Menschen insgesamt.

Innerhalb und für die GEW engagierte sich Bernd im Kreisverband Kassel-Stadt, dem er 23 Jahre lang vorstand und in vielen weiteren Gremien, u.a. als Vorsitzender der GEW Studentengruppe Kassel, als Mitglied im Seminarrat am Studienseminar, als Schulvertrauensperson der GEW an der Martin-Luther-King-Schule, 16 Jahre als Mitglied im Gesamtpersonalrat der Lehrerinnen und Lehrer am Staatlichen Schulamt für den Landkreis und die Stadt Kassel und dort 11 Jahre als Sprecher der GEW-Fraktion.

Personalvertretungsarbeit war für Bernd eine unverzichtbare Errungenschaft, um im Verhältnis von Kapital und Arbeit die Bedingungen für die Beschäftigten zu verbessern und sie einer Willkür der Arbeitgeberseite zu entziehen.

Für dieses Engagement wurde Bernd im Jahr 2019 mit der Goldenen Ehrennadel der Stadt Kassel ausgezeichnet.

Sein Einsatz für eine bessere Welt geschah nicht allein in der GEW. Bernd pflegte über seine GEW Arbeit hinaus einen regen politischen Austausch mit vielen weiteren Organisationen, u.a. im Friedensforum Kassel, den Christen für den Sozialismus und der Berufsverbote AG, die auf seine Initiative hin zu einer Arbeitsgemeinschaft des Kasseler Stadtverbandes wurde.

Wir denken gern an die Zeit zurück, in der Bernds Ideen uns gleichzeitig herausgefordert und auch begeistert haben. Auf Sitzungen entwickelte er innerhalb kürzester Zeit Vorschläge wie Steinpyramiden auf dem Königsplatz zu bauen, Quarkbrote am 1. Mai für einen guten Zweck zu verkaufen und auf Kampagnentouren mit dem roten Sharan zu fahren. Auch wenn die Organisation en Detail manchmal bei anderen Kolleginnen und Kollegen hängen blieb, wären die Aktionen ohne Bernds Ideenreichtum gar nicht erst zustande gekommen.

Bernd war Lehrer für Deutsch, Religion, Ethik und Politik an der Martin-Luther-King-Schule in Kassel. Sein unermüdlicher Einsatz für die Allgemeinbildung an einer berufsbildenden Schule steht ebenfalls dafür, dass die bessere Gesellschaft nur über die Aufklärung aller Menschen erreicht werden kann. Die demokratische Bildung lag ihm am Herzen und er betonte dies zu vielen Gelegenheiten, z.B. in seiner Rede anlässlich des Antikriegstags am 1. September 2018: „[…] Demokratische Bildung heißt […] auch, Menschen Skepsis gegenüber schnellen Schuldzuweisungen zu vermitteln und sie zu befähigen, mit Übersicht nach Interessen und Intentionen […] zu fragen.“ Dieser Satz lässt sich auf viele politische Zusammenhänge übertragen. Bernd lehrte uns immer wieder nachzuhaken und zu überlegen, was hinter einer Äußerung, einer Handlung stehen mag.

Unser Kollege hat uns beeindruckt durch seine Fähigkeit der politischen Analyse, die er stets aufs Neue in differenzierte prägnante Formulierungen kleidete und gleichzeitig auch durch seine Wertschätzung gegenüber seinen Freundinnen und Freunden. So charakterisierte Bernd immer wieder gerne Gruppen mit schmeichelhaften z.T. absoluten Adjektiven: „Die Martin-Luther-King-Schule hat das beste Kollegium, der Kreisverband Kassel ist der beste des Landesverbands Hessen“ und auf Nachfrage der Krankenpflegerin wie es ihm ginge, antworte Bernd noch am Mittwoch vor seinem Tode: „Der Tag ist gigantisch“. So werden wir Bernd in Erinnerung behalten.