Presseerklärung der Kasseler Initiative

zur Veranstaltung über den NSU-Komplex und den ehemaligen Verfassungsschützer Andreas Temme

„Ein großartiger Erfolg“ war die Veranstaltung ‚NSU-Aufklärung kommt nicht voran - Mordzeuge Temme liest unsere Akten - Weiter so?‘ nach Aussage der Kasseler Initiative, die zusammen mit der Bildungsgesellschaft lea der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft an die Universität Kassel eingeladen hatte. Bei der Veranstaltung am Mittwoch, dem 22. Februar 2017, waren ca. 160 bis 170 Personen aller Alters- und vieler Berufsgruppen anwesend, unter ihnen auch der Vorsitzende des Ausländerbeirats Kamil Saygin und Stadtverordnete von Grünen und Linken. „Der Hörsaal an der ehemaligen Ingenieurschule war brechend voll“, so die Initiative.

Für den Moderator Prof. Dr. Bernd Overwien (Universität Kassel) und die Referentin Sonja Brasch von NSU-Watch dienten die von der Kasseler Initiative vorbereiteten Fragen als Richtschnur. Im Referat von Frau Brasch standen drei Komplexe im Vordergrund: Der sogenannte NSU und seine Mordtaten, die Arbeit des hessischen NSU-Untersuchungsausschusses und die vielen Ungereimtheiten bei der Aufklärung der Rolle des ehemaligen Verfassungsschützers Andreas Temme.

Dessen jetzige Beschäftigung als Bearbeiter von vertraulichen Personalakten im Regierungspräsidium Kassel wurde in der folgenden Diskussion heftig kritisiert. In der sehr diszipliniert und sachlich geführten Debatte stellte sich schnell ein Konsens her, dass der von der Initiative vorgelegte Fragenkatalog weiter verfolgt werden soll. Die Fraktionen im hessischen Landtag und der Regierungspräsident sollen um Unterstützung bei der Klärung gebeten werden. Vom Landtagsabgeordneten Jürgen Frömmrich (Grüne) liegt der Initiativgruppe bereits eine Einladung zu einer Sitzung des Untersuchungsausschusses in Wiesbaden vor. Von vielen Rednerinnen und Rednern wurde jedoch zusätzlich der dringende Wunsch geäußert, eine Resolution zu verabschieden. Die Abstimmung ergab dann eine fast einstimmige Unterstützung (bei nur zwei Gegenstimmen) für folgende Aufforderung an den Regierungspräsidenten Dr. Walter Lübcke:

„Die mehr als 160 Anwesenden bei der Veranstaltung ‚NSU-Aufklärung kommt nicht voran.
Mordzeuge Temme liest unsere Akten. Weiter so?‘ fordern, dass der ehemalige Verfassungsschützer Andreas Temme nicht mehr in der Pensionsregelungsbehörde oder vergleichbar vertraulichen Tätigkeitsbereichen des Regierungspräsidiums Kassel arbeiten darf. Insbesondere soll er zukünftig daran gehindert werden, Einblick in Personendaten zu nehmen.“

Die verabschiedete Resolution ist auch gerichtet an die Stadtverordnetenfraktionen in der Stadt Kassel und die Kreistagsfraktionen im Landkreis Kassel (mit Ausnahme der AfD) und die Landtagsfraktionen mit der Bitte, diese Resolution zu unterstützen, um den Regierungspräsidenten in Kassel dazu zu bewegen, seinen Mitarbeiter Temme anderweitig zu beschäftigen.

Aus den Reihen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer kam auch der Wunsch nach einer Folgeveranstaltung in einem nochmals erweiterten Kreis, da wahrscheinlich auch die Akten von Polizisten und Richtern von Temme bearbeitet werden. Der dann erzielte Informationsstand soll im Herbst erneut in einer Veranstaltung vorgestellt werden.

Zitat aus dem verabschiedeten Fragenkatalog:
„An den Regierungspräsidenten Dr. Lübcke richtet sich dabei vor allem die Frage, ob ein Mensch als Personalsachbearbeiter tragbar ist, der nach Aussagen seiner Vorgesetzten für den Verfassungsschutz ungeeignet ist und von Ausschussmitgliedern und Zeugen der Untersuchungsausschüsse in Berlin und Wiesbaden als persönlich und charakterlich unzuverlässig eingeschätzt wird.“

Kontakt: h.kuhley@uni-kassel.de