GEW Hessen stellt Zahlen zur Entwicklung der Bauinvestitionen und Instandhaltungsausgaben der Landkreise und kreisfreien Städte für Schulen vor
Es gibt große Unterschiede, wie viel Geld die Kreise und kreisfreien Städte in Hessen für Bau und Sanierung der Schulen ausgeben. Das ist das Ergebnis einer Studie der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Hessen. Die hessischen GEW-Vorsitzenden Birgit Koch und Maike Wiedwald sowie die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe haben heute Vergleichszahlen zu den Bauinvestitionen und zur Instandhaltung im Schulbereich vorgestellt. Wiedwald zeigte sich von den Ergebnissen überrascht: „Auffällig ist zunächst einmal der vergleichsweise sehr hohe Wert des Hochtaunuskreises und die große Spannweite, die die Werte aufweisen. So hat der Landkreis Hochtaunus pro Jahr und Schülerin beziehungsweise Schüler real fünfmal so viel für Investitionen und Instandhaltung seiner Schulgebäude aufgewandt wie das Schlusslicht, die Stadt Kassel. Auch die Landkreise Main-Taunus und Groß-Gerau weisen immerhin noch einen dreimal so hohen Pro-Kopf-Wert wie die Stadt Kassel auf.“
Wenig überraschend sei, so Koch, dass mit der Stadt Kassel und dem Schwalm-Eder-Kreis zwei Gebietskörperschaften am Ende gelandet sind, die im vergangenen Jahr aufgrund von einsturzgefährdeten Schulen in den Medien waren: „Die Zahlen müssen natürlich mit Vorsicht interpretiert werden. So wissen wir nichts über den Zustand der Gebäude am Ausgangspunkt unserer Berechnung Anfang der 1990er-Jahre. Und die Kreise und Städte stehen aufgrund unterschiedlicher Entwicklungen der Schülerzahlen vor unterschiedlichen Problemen. Aber die Diskrepanz ist schon sehr auffällig.“
Die Ergebnisse spiegelten nach Ansicht von Koch dabei häufig auch die Rückmeldungen der Kolleginnen und Kollegen wider: „Während wir aus dem Hochtaunus- oder dem Main-Taunus-Kreis keine Klagen über bauliche Mängel hören, sieht dies etwa in Kassel ganz anders aus. Hier hat es in den vergangenen Jahren immer wieder Beschwerden und Proteste wegen der maroden Schulen gegeben. Dies hängt natürlich ursächlich mit den geringen Ausgaben für den Erhalt und Ausbau der Schulgebäude zusammen.“
Auch die GEW-Vorsitzende Tepe zeigte sich verwundert über die großen Unterschiede: „Wir wissen, dass die Schere in den Bundesländern bei den Ausgaben für den Schulbau immer weiter auseinander geht. Die erstmals für ein Bundesland vorgelegten Zahlen haben mich dann aber doch überrascht. Damit ist die Frage nach der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse aufgeworfen. Wer im Hochtaunuskreis geboren ist, wird wohl in einer baulich guten bis sehr guten Schule unterrichtet. In Kassel hingegen ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass das Schulgebäude marode ist.“
Koch forderte die Landespolitik zum Handeln auf: „Wir haben gezeigt, dass es in Hessen große regionale Diskrepanzen bei den Ausgaben im Bereich der Schulgebäude gibt. Wir fordern die Politik auf, den Investitionsstau im Schulbereich detailliert zu ermitteln und innerhalb von zehn Jahren zu beseitigen. Die vom Land aufgelegten Investitionsprogramme sind dazu viel zu klein und auch nicht zielgenau. Es kann nicht sein, dass der schulische Alltag in einem reichen Bundesland für die Lehrkräfte wie für die Schülerinnen und Schüler durch kaum zumutbare bauliche Bedingungen massiv beeinträchtigt wird.“
Wiedwald verwies abschließend auf die Pflicht des Hessischen Rechnungshofs, sich mit dem Thema zu befassen: „Der Rechnungshof hat den gesetzlichen Auftrag zu ermitteln, ob die Kommunen den erforderlichen Investitionsbedarf berücksichtigen. Statt seiner Aufgabe nachzukommen, steckt der Rechnungshof den Kopf in den Sand. Es ist bezeichnend, dass die GEW sich mit diesem Thema auseinandersetzt und empirische Ergebnisse ermittelt, während der Hessische Rechnungshof dem Investitionsstau auf der kommunalen Ebene keine Beachtung schenkt.“
Landkreis, kreisfreie Stadt
Bauinvestitionen pro Schüler/in in Euro
Instandhaltung pro Schüler/in in Euro
Summe in Euro
Kassel, documenta-Stadt
171
75
246
Vogelsbergkreis
289
69
358
Schwalm-Eder-Kreis
275
139
414
Landkreis Hersfeld-Rotenburg
298
118
415
Landkreis Gießen
343
73
417
Wetteraukreis
335
103
438
Landkreis Fulda
155
453
Darmstadt
376
84
460
Main-Kinzig-Kreis
382
106
488
Landkreis Limburg-Weilburg
86
501
Landkreis Marburg-Biedenkopf
420
91
511
Odenwaldkreis
113
527
Stadt Offenbach
528
7
535
Wiesbaden
380
156
537
Werra-Meißner-Kreis
463
569
Landkreis Offenbach
428
162
590
Lahn-Dill-Kreis
446
601
Landkreis Kassel
563
635
Rheingau-Taunus-Kreis
480
195
675
Frankfurt
449
293
743
Landkreis Groß-Gerau
642
163
805
Main-Taunus-Kreis
663
204
867
Hochtaunuskreis
1136
1299
Durchschnitt
443
126
Zur Methodik der Auswertung:
Die GEW Hessen hat das Hessische Statistische Landesamt mit einer Sonderauswertung beauftragt, um die Entwicklung der Bauinvestitionen und der Instandhaltungsausgaben für alle hessischen Landkreise und kreisfreien Städte zu erhalten – und zwar für den Zeitraum von 1992 bis 2017. Die Zahlen zu den Schülerinnen und Schülern stammen ebenfalls vom Hessischen Statistischen Landesamt. Da manche Kommunen ihre Schulen in Eigenbetriebe ausgegliedert oder Schulen in so genannten Öffentlich-Privaten Partnerschaften gebaut haben, bestehen in der Sonderauswertung Lücken. Die GEW hat deshalb zu allen Schulträgern Kontakt aufgenommen und die entsprechenden Zahlen erfragt. Die Kreise Darmstadt-Dieburg und Bergstraße haben aus nicht nachvollziehbaren Gründen die Auskunft verweigert, sie fehlen deshalb in der Auswertung. Der Landkreis Waldeck-Frankenberg hat es aus zeitlichen Gründen nicht geschafft, seine Zahlen bereitzustellen. Auf dieser Grundlage konnte für alle fünf kreisfreien Städte und für 18 Landkreise ermittelt werden, wieviel Euro pro Schülerin bzw. pro Schüler im jährlichen Durchschnitt für Investitionen und Instandhaltung real ausgegeben worden sind.
"Bauinvestitionen und Instandhaltungsausgaben im Schulbereich – Ein Vergleich der Landkreise und der kreisfreien Städte in Hessen" | Finanzpolitisches Arbeitspapier Nr. 4
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