Wir sind entsetzt! - Presseerklärung

Kritik an den wechselnden Vorgaben des Kultusministeriums – dringender Handlungsbedarf erkannt!

Stellungnahme zur Pressemitteilung des Landkreises Kassel vom 1.11.2020

 

Nach Anstieg der Fallzahlen (gemeldete Erkrankungen Covid-19) und der Inzidenzen (Stadt Kassel über 100, Landkreis Kassel über 75 pro 100.000 Einwohner*innen) hatten Stadt und Landkreis Kassel zunächst verantwortlich agiert und die Stufe 2 der Planungsszenarien des Kultusministeriums für die Jahrgänge 5-8 sowie die Stufe 3 ab Jahrgang 9 ausgelöst. In der Pressemitteilung des Landkreises vom 01.11.2020 wird dargelegt, dass dies Freitag in enger Abstimmung mit Gesundheitsamt und Schulamt geschehen sei. Das Kultusministerium selbst habe erst am vergangenen Freitag durch ein an die Schulen versandtes Schreiben die Grundlage für das Agieren der Schulträger geliefert. Nun wurde am heutigen Sonntag verkündet, dass es kurzfristig schwächere, landeseinheitliche Regelungen geben werde. Ein Zitat dazu aus der erwähnten Pressemitteilung des Landkreises Kassel:

>> Kernpunkte der Kreis-Anordnung waren die Entzerrung des Unterrichts für die Jahrgänge 9 und 10, die Oberstufenjahrgänge und für die Beruflichen Schulen. Aktuell befinden sich über 550 Schüler von gymnasialen Oberstufen und Beruflichen Schulen in Stadt und Landkreis in Quarantäne, da jeder einzelne positive Corona-Fall in diesen Schulformen sofort eine Vielzahl von Kontakten mit anderen Schülern durch die Art der Unterrichtsorganisation mit sich bringt.  Deshalb hatten Kreis, Staatliches Schulamt und Gesundheitsamt es für richtig gehalten, das Wechselmodell gemäß Stufe 3 der Planungsszenarien für die Unterrichtsorganisation des Hessischen Kultusministeriums anzuwenden. Dadurch wird der Unterricht umschichtig in geteilten Lerngruppen organisiert. Dies hätte eine Teilung der Lerngruppen und einen täglichen oder wöchentlichen Wechsel von Präsenz- und Distanzunterricht für bestimmte Jahrgänge oder alle Schülerinnen und Schüler bedeutet. Für alle Schülerinnen und Schüler, die nicht in der Schule sind, wäre der Distanzunterricht an die Stelle des Präsenzunterrichts getreten. Mit dieser Regelung wäre auch eine Entzerrung für den Schulbusverkehr eingetreten – „auch das sicher im Interesse aller Schüler und Eltern“, betont der Vizelandrat. Das Planungsszenarium des Hessischen Kultusministeriums sieht vor, dass die örtlichen Gesundheitsbehörden je nach Infektionsgeschehen die unterschiedlichen Stufen des Szenariums auslösen können. 

 „Nach unseren Informationen will das Land Hessen die Stufe 3 nicht auslösen und es will auch nicht, dass dies einzelne Gesundheitsbehörden tun“, informiert Siebert, der anfügt: „Wir hätten uns viel Arbeit erspart, wenn solche Signale aus Wiesbaden rechtzeitig an die Schulträger gesendet würden“. <<

 

Dazu stellen wir fest:

  • Die Einleitung der Stufe drei (Wechselmodell Präsenz und Distanzunterricht, damit kleinere Lerngruppen beschult werden und somit die Einhaltung von Mindestabstandsregelungen auch im Klassenraum möglich sind) erscheint aufgrund dramatisch ansteigender Fallzahlen und Inzidenzen über 75 (aktuell heute: Landkreis 90,8, Stadt Kassel 124,2) als zwingend geboten! Eine flächendeckende Beibehaltung der Stufe zwei (feste Lerngruppen in Klassenstärke ohne die Möglichkeit der Einhaltung des Mindestabstandes) dagegen setzt Schülerinnen und Schüler samt Familien sowie den Beschäftigten einem unnötig hohen Risiko aus.
  • Die nun wegfallende Entzerrung des Busverkehrs, die durch den Schulträger zunächst vorgesehen wurde und nun nicht mehr möglich erscheint (SchülerBeförderungszahlen bleiben auf Vor-Corona-Niveau), erhöht in unverantwortlicher Weise die Gefährdung der Bevölkerung!
  • Die Praxis der sich kurzfristig ändernden Vorgaben seitens des Kultusministeriums ist uns nicht nur seit Beginn der Krise bekannt. Vor den Sommerferien wurden die Schulen regelmäßig erst am Freitagnachmittag über ab Montag umzusetzende Regelungen informiert, was einen hohen organisatorischen Aufwand für die Schulleitungen und das pädagogische Personal mit sich brachte. In diesem Fall jedoch schlägt es dem Fass den Boden aus: Vor zwei Tagen wurden Rahmenbedingungen veröffentlicht, die die Schulträger zum Handeln bewegt haben, nun, zwei Tage später bei etwa gleichen Rahmenbedingungen, wird alle Arbeit konterkariert, die die Schulträger investiert hatten – sämtliche fürsorglichen, verantwortlichen Regelungen werden durch die schwächeren landesweiten Vorgaben vom Tisch gewischt. So kann man nicht mit Kommunen, Landkreisen, Schulleitungen und Arbeit investierenden Menschen umgehen!

 

Wir fordern nun hessenweit die Einleitung der Stufe drei des Hygienekonzepts des Kultusministeriums! Dadurch wird auch im Klassenraum der Grad an Schutz der Beteiligten ermöglicht, der auch sonst im öffentlichen Raum gilt (Mindestabstand 1,5m, Maskenpflicht)!

Angesichts dramatisch steigender Fallzahlen erscheint uns die Mischung aus Präsenzunterricht in kleineren Lerngruppen und Distanzunterricht als Chance, das Recht auf Bildung länger und besser umsetzen zu können, als es durch das Festhalten an großen Lerngruppen in Klassenstärke möglich ist: Je höher das Ansteckungsrisiko, desto eher müssen Klassen oder ganze Schulen in Quarantäne gehen!

Dadurch wird auch die Möglichkeit geschaffen, den Bustransport von Schülerinnen und Schülern zu entzerren, die Überfüllung der Busse wird vermieden und das damit verbundene besonders hohe Risiko der Ansteckung wird minimiert. Den Schulträgern muss die Möglichkeit gegeben werden, in diesem Sinne tätig zu werden!

Wir fordern das Kultusministerium auf, die genannten Punkte unverzüglich umzusetzen! Es besteht aus unserer Sicht dringender Handlungsbedarf!

 

 

Die Vorsitzenden des GEW-Kreisvorstandes Kassel Land

Heidrun Döring, Katja Groh, Jens Zeiler

 

Presseerklärung (pdf)